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23.02.2010 08:06 Uhr

Leidenschaft für altes Holz

Neutrebbin . In ihrer Werkstatt fühlt sich Katrin Urban wohl. Zu tun gibt es dort reichlich für die junge Restauratorin. Vom Kinderspielzeug bis zu antiken Möbeln - Katrin Urban will möglichst viel konservieren, nicht reparieren.

Der dunkelbraune Holzstuhl mit der kaputten Sitzfläche ist ein ganz besonderes Stück. Ein echter Thonet. Unter Restauratoren ist der Möbeldesigner aus dem 19. Jahrhundert eine Berühmtheit. Vor allem seine Gartenhausmöbel sind bekannt. "Die Sitzfläche muss neu geflochten werden", erzählt Katrin Urban.

Die 35-jährige Mutter von zwei Kindern hat in Neutrebbin ihre eigene Restaurierungswerkstatt und alle Hände voll zu tun. Das zeigen auch die dunkelgrauen Fingerspitzen der schlanken blonden Frau in Jogginghose und Holzfällerhemd. Eigentlich würde sie gern noch mehr arbeiten. Die Zeit mit ihren Kindern ist ihr aber auch wichtig. Es sei schwierig, sich zu disziplinieren, wenn man selbständig ist, sagt sie und zeigt auf den alten Bauernschrank an der Wand. Hier seien die Füße kaputt und müssten aufgearbeitet werden. Zwei Möbelstücke seien noch in der Warteschlange. Auch ein Holzpferd auf Rädern findet sich in der Werkstatt. Es ist der Nachbau eines Kinderspielzeugs aus den 30er Jahren. Wenn die Restauratorin nicht gerade alte Möbel aufpoliert, fertigt sie solche kunstvollen Arbeiten an. Zu Ostern sollen einige davon verkauft werden.

Neben der Arbeit als Restauratorin gibt Katrin Urban ihr Wissen an angehende Tischlergesellen weiter. Im Wriezener Kompetenzzentrum für Restaurierung, Denkmalpflege und Holztechnik gibt sie einmal im Jahr Kurse zur Arbeit mit Schellack. Die meiste Zeit verbringt sie aber in ihrer eigenen Werkstatt. Im Winter riecht es hier immer nach zwei Arten von Holz: Frisch gehobelte Späne und Brennholz, das im alten Ofen den Arbeitsplatz von Katrin Urban warm hält. Dieser befindet sich auf dem Hof ihrer Eltern. Nebenan ist die Autowerkstatt ihres Vaters. "Das ist praktisch für Metall- und Schweißarbeiten", sagt Katrin Urban, die auf die Hilfe ihres Vaters zählen kann. Auch wenn ihr ein Kunde mal eine Kutsche oder einen Pferdeschlitten zum Aufarbeiten bringen würde, seien die Gerätschaften und Räumlichkeiten ein großer Vorteil, sagt Katrin Urban. Allein der Transport größerer Stücke sei eine Plackerei, für die sich die zierliche Frau dann immer tatkräftige Helfer suchen müsse. Einige Kunden würden ihre Stücke auch selbst bringen und wieder abholen. Bei anderen müsse Katrin Urban mit ihrem Transporter anrücken. "Das ist versicherungstechnisch günstiger für den Kunden", sagt sie und lächelt verlegen.

Die Restauratorin hat ihr Handwerk gelernt. Anfang der 90er Jahre hatte sie in Neulewin ihre Tischlerlehre gemacht. Anschließend absolvierte sie ein Studium im Fach "Restaurierung für Holzobjekte mit veredelter Oberfläche." Sie musste einsehen, dass sie für den Tischlerberuf auf lange Sicht körperlich nicht gemacht sei.

Die Begeisterung für die Arbeit mit Holz entstand bei ihr schon wesentlich früher. Mit zwölf Jahren bekam sie von ihrem Cousin Laubsägearbeiten geschenkt. "Das waren meist Comicfiguren, wie Biene Maya oder Hase und Igel", erzählt sie. Prompt wünschte sie sich eine eigene Laubsäge, bekam sie und ging an die Arbeit.

Heute hat sich die Palette ihrer Werkzeuge erweitert. Mit ihnen will Katrin Urban möglichst viel vom alten Charme der Möbel erhalten, auch wenn sie das manchmal in den Konflikt mit den Kunden bringt. "Die Kunden wollen natürlich keine Wasserflecken auf ihrer Tischplatte", erklärt die Restauratorin. Diese aber komplett auszuwechseln fällt Katrin Urban schwer. Restaurieren heiße für sie konservieren. Das würden einige leider nicht verstehen.

Noch ist die Werkstatt von Katrin Urban im Aufbau - "Wieder mal", wie sie sagt. Bereits vor Jahren hatte sie sich in Güstebieser Loose schon einmal fast eingerichtet. Nach gescheiterter Ehe konnte sie bei ihren Eltern von vorn anfangen. Die endgültige Lösung sei das aber noch nicht. Katrin Urban träumt von ihrem eigenen Häuschen mit Werkstatt, wo sie tagsüber arbeitet und zu Hause ist, wenn die Kinder heimkommen. Bis dahin muss die junge Restauratorin noch eine Weile arbeiten. Doch es ist ein schöner Beruf, findet sie. In aller Ruhe in der Werkstatt an altem Holz zu arbeiten - das ist ihre Leidenschaft. In dieser Woche kommt eine alte Truhe aus der Barockzeit, die Katrin Urban schon mit großer Vorfreude erwartet.